19.08.2025 – Landkreis Tübingen, Baden-Württemberg
Im Landkreis Tübingen (Baden-Württemberg) wurde bei einer Stute die Equine Infektiöse Anämie (EIA) – auch Ansteckende Blutarmut der Einhufer genannt – festgestellt. Es handelt sich um den ersten bestätigten Fall in Deutschland seit 2017. Das nationale Referenzlabor, das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), hat den Befund bestätigt.
Die betroffene Stute war vor rund zwei Jahren aus Bulgarien importiert worden und wurde inzwischen getötet. Alle bisher getesteten Pferde, die im Landkreis Tübingen oder in umliegenden Regionen direkten oder indirekten Kontakt zur infizierten Stute hatten, wurden bislang negativ auf EIA getestet. Auch im Rems-Murr-Kreis und im Landkreis Ludwigsburg, wo Kontaktpferde ermittelt und überwacht werden, fielen die ersten Blutuntersuchungen negativ aus.
Die zuständigen Behörden führen in diesen Beständen dennoch eine zweite Blutuntersuchung durch, etwa vier Wochen nach dem letzten möglichen Kontakt, um ganz sicherzugehen. Auch zwei weitere Pferde, die schon vor längerer Zeit Kontakt hatten und deren Bestände vorsorglich gesperrt wurden, wurden untersucht: In einem Fall konnte die Sperre nach einem negativen Testergebnis bereits aufgehoben werden, beim zweiten Tier (Landkreis Ludwigsburg) steht das endgültige Ergebnis noch aus.
Was ist die Ansteckende Blutarmut beim Pferd?
Equine Infektiöse Anämie ist eine Viruserkrankung der Pferde und weiterer Einhufer wie Esel und Zebras. Das Virus ist weltweit verbreitet, tritt jedoch in einzelnen Regionen häufiger auf. In Rumänien gilt die Krankheit als endemisch, neue Fälle werden dort regelmässig gemeldet. Auch in Italien und Frankreich kommt es immer wieder zu Ausbrüchen. In der Schweiz wurde die Erkrankung seit der Einführung der Meldepflicht 1994 bisher nur einmal festgestellt – im Juni 2017, als erster Fall seit 1991.
Die Equine Infektiöse Anämie kann in zwei unterschiedlichen Verlaufsformen auftreten. Bei der akuten, schweren Form entwickeln die Tiere meist hohes, schwankendes Fieber. Hinzu kommen Muskelschwäche, Koordinationsstörungen, Zittern und eine gelbliche bis rötliche Verfärbung der Maulschleimhaut. In manchen Fällen kann es sogar zu plötzlichen Todesfällen kommen. Die chronische Form verläuft langsamer und oft weniger auffällig. Typisch sind Abmagerung, Müdigkeit und ein deutlicher Leistungsabfall. Charakteristisch ist ausserdem, dass das Fieber besonders nach körperlicher Anstrengung wieder auftritt. Auch wenn die Tiere nach aussen hin gesund wirken, tragen sie das Virus weiterhin in sich.
Wie wird die Krankheit übertragen?
Die Übertragung des Erregers erfolgt meist durch Insektenstiche, etwa von Mücken, Fliegen oder Bremsen. Daneben kann auch enger, länger andauernder Kontakt zwischen Pferden zur Ansteckung führen. Ansteckend sind sämtliche Ausscheidungen erkrankter Tiere, ebenso der Samen infizierter Hengste. Einmal erkrankte Pferde können den Erreger in der Regel lebenslang ausscheiden. Eine Weitergabe an das ungeborene Fohlen im Mutterleib oder über die Milch ist zwar möglich, kommt jedoch selten vor.
Gegen die Krankeite existiert kein Impfstoff und keine Heilungsmöglichkeiten. Um ein erneutes Auftreten zu verhindern, gelten in der Schweiz und der EU strenge Bekämpfungsmassnahmen, die u.a. die Tötung erkrankter Tiere vorschreiben. Daher ist beim Import von Pferden besondere Vorsicht geboten, insbesondere aus Regionen, in denen die Krankheit regelmässig auftritt.
Bedeutung für die Schweiz
Tübingen liegt in der Nähe der Schweizer Grenze. Zwar gilt Deutschland nicht als Verbreitungsgebiet für EIA, doch nach Importen kommt es immer wieder zu einzelnen Fällen. Für Pferdehalter:innen in der Schweiz bedeutet das, bei Importen aus Risikogebieten – insbesondere aus Osteuropa – im eigenen Stall ein besonders wachsames Auge zu haben. Auch Turniere, Transporte oder Klinikaufenthalte in Grenznähe können bei aktuellen Ausbruchsgeschehen ein Risiko darstellen. Deshalb ist es sinnvoll, sich vor geplanten Aufenthalten aktiv über die aktuelle Seuchenlage zu informieren. Nur durch konsequente Überwachung und eine enge Zusammenarbeit zwischen Tierhalter:innen, Tierärzt:innen und Behörden lässt sich verhindern, dass diese unheilbare Krankheit in die Schweiz eingeschleppt wird.
Quellen
Bild: VetDynamics